Q5 Ein verbessertes ZBIT-Modell

Können wir ein verbessertes ZBIT-Modell entwerfen, dass den Widerspruch bei der doppelten H Operation auflöst?  Wir erinnern uns:

Wir haben beim Experimentieren mit der ZBIT-Box gesehen, dass sich zweimal H hintereinander aufheben. Mit dem bisherigen ZBIT-Modell ließ sich dieses Ergebnis nicht herbeiführen. Denn H auf [0] angewendet ergibt [1/2], aber auch H auf [1] angewendet ergibt [1/2]. Damit kann nicht gleichzeitig HH[0] = H[1/2] = [0] und HH[1] = H[1/2] = [1] sein.

Ein verbessertes ZBIT-Modell

Wie können wir  ein verbessertes Modell für die ZBIT-Box entwerfen? Der Widerspruch entstand, als wir H auf den  einen neu eingeführten Zustand [1/2] anwendeten und erwarteten, dass daraus zwei verschiedene Ergebnisse hervorgehen. Das war zwar naheliegend (Occam's Razor Prinzip, mal bei Wikipedia nachschlagen), aber vielleicht hätten wir besser zwei neue Zustände eingeführt.

Das kann man einfach erreichen, indem man zu der ursprünglichen Zustandsvariablen mit zwei möglichen Werten eine weitere mit ebenfalls zwei Werten hinzufügt. D.h. der innere Zustand hat zwei Größen, sagen wir s1 und s2, die die Werte [0] und [1] haben können. Die Zahlen haben wieder keine Bedeutung; wir könnten die Zustände auch a und b nennen oder a1, b1 und a2, b2 nennen. Damit gibt es für  (s1, s2) genau vier mögliche Kombinationen!

Die Wahl von [0] und [1] erweist sich aber als ganz praktisch. So können wir uns z.B. einfach vorstellen, dass die inneren Zustände des neuen ZBIT-Modells die vier Ecken des Einheitsquadrats in der Ebene darstellen - weswegen wir auch sagen, dass der Zustand 2-dimensional ist.

Das neue ZBIT-Modell legen wir ähnlich wie oben fest:

  1. Wir nehmen für das neue Modell  zwei Zustandsvariablen (oder: einen zwei-dimensionalen Zustand)  und kennzeichen diese  [0][0], [0][1], [1][0] und [1][1].  Um uns die Klammerei zu erleichtern, "labeln" wir die Zustände stattdessen einfach mit [00], [01], [10] und [11].
  2. Wir setzen [00] als den Startzustand
  3. Die Outputs werden als D,  L und P abgekürzt, für Dunkel und Licht und den variablen Zufalls-Output.
  4. Die  Operationen sind wieder mit R, X und H bezeichnet und repräsentieren Klappe zu und das Berühren von Touch-Feld X bzw. H.
  5. Das Messen (M) des 2-dimensionalen ZBIT-Zustands (Klappe auf und schauen), d.h. die Zuordnung Output zu Zustand, kann nun vier Ergebnisse haben. Wir legen fest:
    M: [00] -> D, [01] -> P, [10] -> P und [11] -> L

Auch die Wirkung der Operatoren R, X und H müssen wir neu festlegen. Das geschieht am übersichtlichsten in eine vollständigen Tabelle, analog der vom ersten Versuch.

Zustand | Neuer Zustand bei
        |    R      X      H
[00]    |   [00]   [11]   [01]
[01]    |   [00]   [10]   [00]
[10]    |   [00]   [01]   [11]
[11]    |   [00]   [00]   [10]

Als technische Konstruktion des Modell können wir uns vorstellen, dass im Inneren zwei (!) Schalter sitzen, die durch die Touch-Felder bzw. "Klappe zu" betätigt werden. Wie, sagt die Tabelle. Und die Schalterstellung bestimmt, ob Dunkel, oder Licht oder zufällig zur Hälfte Licht und Dunkel zu sehen ist beim Öffnen der Klappe. Z.B. besagt die M-Tabelle, dass, wenn die Schalter "verschieden" gesetzt sind, der Zufallsoutput erfolgen muss. Wie man das baut - mal ausprobieren. Z.B. mit Roberta (IAIS).

An dieser Stelle ist noch einmal wichtigt zu bedenken, dass auch die technische Konstruktion ein Modell für die Blaue Box ist. Im Gegensatz zur Box haben wir aber vollständige Einsicht in unsere Modell-Box.

Wir müssen nun erneut prüfen, ob das Modell widerspruchsfrei ist, d.h. im Experiment das Verhalten der blauen ZBIT-Box zeigt. Für die Operationen R, X, H müssen wir in die Tabelle schauen, für M in die Output-Liste. Wir beschränken uns hier auf die Beispiele vom ersten Modell und die "Problemfälle" dort.

R ------ X ------ H ---- M -> 1:1 liefert die ZBIT-Box im Serienexperiment
[00] -> [11] -> [10]  -> P       liefert das neue Modell. Das passt wieder.

"1:1"  bedeutet Dunkel / Licht im Verhältnis 1:1.

R ------ H ------ X ---- M -> 1:1 ZBIT-Box Messreihe
[00] -> [01] -> [10]  -> P          ZBIT-Modell Output

Noch ein paar einfache Fälle, die wir schon aus dem BIT-Modell kennen:

R ----- M -> Dunkel          R ----- X -----M -> Licht
[00] -> D                          [00] -> [11] -> L

R ------ X ------ X ---- M -> Dunkel
[00] -> [11] -> [00] -> D

Passt also. Nun die Doppel-H Experimente:

R ------ H ----- H -----M -> Dunkel als ZBIT-Box Output
[00] -> [01] -> [00] -> D       Modell Output. Passt!

Für HH[11] müssen wir zunächst den Ausgangszustand [00] mit Hilfe von X zu [11] machen und dan HH anwenden.
R ------ X ------ H ----- H -----M ->  Licht in der Box
[00] -> [11] -> [10] -> [11]  -> L         "Licht" im Modell

Durch Hinzunahme einer zweiten Zustandsgröße konnten wir also den Widerspruch des ersten Versuchs auflösen. Das ist auch leicht zu verstehen: der Zustand nach dem ersten Anwenden von H würde bei Messung zwar immer P ergeben, er trägt aber noch die Information, "woher" er kommt, von [00] oder [11]. nämlich in der Reihenfolge von 0 und 1 im Zustand. (Genial! findet der G.E.)

ZBIT Vorhersagen

Natürlich können wir auch jetzt noch nicht ausschließen, dass das Modell nicht widerspruchsfrei ist. Dazu müssten wir alle möglichen Abfolgen von Operationen (Algorithmen) gegen die ZBIT-Box evaluieren - oder zumindest eine endliche Menge davon, auf die "alle möglichen" reduziert werden können.

Was wir weiterhin machen können, sind Vorhersagen. D.h. wir können eine noch nicht gesehene Abfolge von Operationen im Modell berechnen und das Ergebnis experimentell an der ZBIT-Box überprüfen. Ein Beispiel, das wir bei der Erforschung der Box oben noch nicht als Experiment durchgeführt hatten

R ------ H ----- X ----- H ---- H ----- M ergibt
[00] -> [01] -> [10] -> [11] -> [10] -> P

Das zugehörige Experiment: Klappe zu -> Touch H -> Touch X -> Touch H -> Touch H -> Klappe auf: Dunkel. Wir wissen, dass wir das gleiche Experiment vorsichtshalber in Serie durchführen müssen, um zwischen P und Licht oder Dunkel unterscheiden zu können. Wir tun das 20 Mal und sehen 11 Mal Dunkel und 9 Mal Licht, experimentell also eindeutig P bestätigt.

Fragen: Wie oft müssten wir das Experiment mindestens wiederholen, bis wir das Ergebnis P bestätigen können? Wie oft, um ein vorausgesagtes Ergebnis L zu bestätigen? Hier haben wir offenbar ein Problem. Wir können, da wir das "Innere" der Box nicht kennen können, nie sicher sein, ob nicht bei der nächsten Wiederholung ein D folgt. Wie immer müssen wir uns damit zufrieden geben, L als bestätigt zu sehen, wenn wir bei einer großen Anzahl von Wiederholungen immer L gesehen haben. Anders ausgedrückt, wir "bestätigen" das Ergebnis mit (einfachen) statistischen Methoden - aber das ist eine ganz andere Baustelle.

Aufgaben:

  1. Die 2-dim Zustandsdefinition erinnert an die üblichen vier 2-Bit Kombinationen. Könnte man die ZBIT-Box möglicherweise mittels zweier BIT-Modelle modellieren?
  2. Was wäre, wenn man beim Berühren von H nicht Licht und Dunkel im Verhältnis 1:1 beobachtet sondern z.B. 1:3 (Häufigkeit von D etwa 1/4)?
  3. Das dauernde Wiederholen eines Experiments, von dem man als Output P erwartet ist eigentlich lästig. Könnten wir uns eine technische Konstruktion ausdenken, die den Output P durch ein halb so helles Licht anzeigt?

Wer Lust hat, kann gerne die Fragen und die Aufgaben im Kommentarfeld unten diskutieren.

Vom ZBIT-Modell ist es nun nur noch ein kleiner Schritt zum Qubit-Modell. Aber erst mal wieder: Pause - also einen Kaffee trinken oder etwas spielen.

Hier geht's weiter.


Q4 ZBIT - unterwegs zum Qubit-Modell

Im vorausgegangenen Teil haben wir ein sog. Automaten-Modell für die BIT-Box entwickelt. Ein Automat, genauer, ein endlicher Automat (im Englischen Finite State Machine), ist ein einfaches Konstrukt, das aus folgenden Teilen besteht: Eingabe - innerer Zustand - Ausgabe, eine Methode zur Änderung des Zustands und eine, die den Output festlegt. Endlich heißt der Automat, weil die Möglichkeiten zur Eingabe, die Zustände und die Ausgaben nur einen endlichen Umfang haben.

Das BIT-Box-Modell hat, so gesehen, Null Eingabe-Möglichkeiten (ja, auch das geht!), 2 Zustände und 2 Output-Möglichkeiten. Die Zustandsveränderungen sind durch die beiden kleinen Tabellen für R und X festgelegt und die Output-Methode ist das Messen, M, das auch durch eine Tabelle festgelegt ist. Das BIT-Box-Modell ist damit ein sehr einfacher endlicher Automat. Was dazu führt, dass man sich angewöhnt hat, die mögliche Struktur, die technische Konstruktion eines BITs zu ignorieren und einfach davon zu sprechen, dass ein Bit etwas ist, was "im Zustand 0 oder 1 sein kann". Mit dieser Definition kann man z.B. hervorragend Informatik betreiben, ohne sich um die Physik zu kümmern. Aber das führt hier zu weit - wir wollen ja zum Qubit-Modell.

Z B I T

Am Ende des letzten Abschnitts hatte uns der Große Experimentator mit einer blauen ZBIT-Box konfrontiert. Die wollen wir jetzt verstehen. Wir machen wieder allerlei Klappe-auf / Klappe-zu Experimente, berühren die Touch-Felder usw. Also los!

Als erstes wiederholen wir die für die BIT-Box. Klappe auf: Dunkel. Erst X, dann Klappe auf: Licht usw. Die Messergebnisse sind wie bei der BIT-Box. Jetzt beziehen wir das neue Touch-Feld H in die Experimente ein:

Ausgangspuntk ist immer "Klappe zu".
H und Klappe auf: Licht. Wiederholung: Klappe zu, H und Klappe auf: Dunkel. Nanu! Wiederholung: Dunkel, Wiederholung: Licht. Jetzt werden wir systematisch und wiederholen in einer Serie das Experiment 20 mal und notieren uns die Ergebnisse. Wir bekommen 12 mal Licht, 8 mal Dunkel. Wir wiederholen die Serie: 11 mal Dunkel, 9 mal Licht... Am Ende sind wir überzeugt:

H und M (Klappe auf) ergibt "zufällig" Licht oder Dunkel, im Schnitt jeweils in der Hälfte der Experimente einer Serie.

Jetzt wissen auch auch, warum der G.E. das Feld mit "H" bezeichnet hat: H wie Halbe, oder Hälfte, oder 1/2. Und warum die Box ZBIT heißt: Abkürzung für "Zufalls BIT Intelligence Tester".

Jetzt kommt uns eine weitere Idee: bisher war H berührt worden direkt nach dem  Ausgangspunkt (Klappe zu). Was wäre, wenn wir vorher noch das X  berühren? Machen wir also die Serien noch mal, aber in der Abfolge: Ausgangspunkt, X, H und dann M. Wir stellen fest: bis auf zufällige Abweichungen das gleiche Verhalten wie vorher, ohne X. Halb Licht, halb Dunkel.

Und was ist, wenn wir H zweimal hintereinander berühren, nachdem die Klappe geschlossen wurde? Wir bekommen, auch in Serie, immer Dunkel. Wenn wir vorher noch X berühren, immer Licht. Doppeltes Berühren von  H hebt sich also auf.

Das ZBIT-Modell

Bevor wir weiter experimentieren, versuchen wir uns ein Modell zu machen in der Art wie bei der BIT-Box, quasi als Erweiterung. Wir sehen zunächst, ob das klappt, und überprüfen es dann mit verschiedenen Experimenten.

  1. Wir nehmen für das ZBIT-Modell 3 interen Zustände und und kennzeichen diese Zustände mit [0],  [1] und - neu - [1/2]. Die Zahlen haben wieder keine Bedeutung; wir könnten die Zustände auch Alice, Charly und Bob nennen.
  2. Wir setzen [0] als den Startzustand
  3. Die bekannten Outputs sind wieder D und L, für Dunkel und Licht. Neu ist der in der Serie variable Output, den wir mit P kennzeichnen.
  4. Die beiden Operationen X und R hatten wir schon eingeführt, für Touch-Feld X Berühren bzw. Klappe zu.
  5. Neu hinzugekommen ist das Touch-Feld H. Dafür führen wir den Operator H im Modell ein.
  6. Die  Wirkung von R, X, H auf die ZBIT-Zustände ist wie folgt:

R:  [0] -> [0] und [1] -> [0]  (Reset)
X:  [0] -> [1] und [1] -> [0]  (Switch)
H: [0] -> [1/2] und [1] -> [1/2] (Halbe-Halbe)

Das Messen des ZBIT-Zustands (Klappe auf und schauen) kürzen wir mit M ab. Messen des Zustands ergibt
M: [0] -> D  und  [1] -> L und [1/2] -> P

Da fehlt doch was! Wie wirken die Operationen R, X und H auf den neuen Zustand [1/2]? Wir machen dazu eine zunächst mal plausible Erweiterung der drei kleinen Tabellen und prüfen dann, ob das in sich stimmig wird.

R: [1/2] -> [0] ist plausibel, da "Klappe zu" den Ausgangszustand herstellen soll
X: [1/2] -> [1/2] ist ebenfalls plausibel, denn das Touch-Feld X vertauscht die Zustände nur. Und [1/2] ist der einzige Zustand, der beim "Vertauschen" von  [1/2] mittels X entstehen könnte.
H: [1/2] -> ? Hier müssen wir kurz nachdenken. Wenn der Zustand [1/2] die Bedeutung hätte, in der Hälfte der Fälle eigentlich [0] zu sein und in der anderen Hälfte [1], dann würde H in der einen Hälfte auf [0] wirken und [1/2] ergeben, in der anderen Hälfte auf [1] und ebenfalls [1/2] ergeben. Also scheint es plausibel zu setzen:
H: [1/2] -> [1/2]

Hier noch mal  gesamte Tabelle der Zustandsübergänge als Übersicht:

Zustand | Neuer Zustand bei
        |    R      X       H
[0]     |   [0]    [1]     [1/2]
[1]     |   [0]    [0]     [1/2]
[1/2]   |   [0]    [1/2]   [1/2]

Wir wollen nun einige Experimente (Algorithmen) mit diesen Operationen durchführen und damit überprüfen, ob das ZBIT-Modell mit der ZBIT-Box übereinstimmt.

R ---- X ---- H ---- M -> 1:1 liefert die ZBIT-Box in Serie
[0] -> [1] -> [1/2] -> P       liefert das Modell. Das passt.

R ---- H ------- X ---- M -> 1:1  ZBIT-Box Experimente (in Serie)
[0] -> [1/2] -> [1/2] -> P         ZBIT-Modell Output

Soweit stimmen Modell und die ZBIT-Box des G.E. überein.

Wir haben beim Experimentieren oben gesehen, dass sich zweimal Touch-Feld H hintereinander aufheben. Wir prüfen, ob das mit dem Modell übereinstimmt. Offenbar nicht! H auf [0] angewendet ergibt [1/2], aber auch H auf [1] angewendet ergibt [1/2]. Damit kann nicht gleichzeitig HH[0] = H[1/2] = [0] und HH[1] = H[1/2] = [1] sein. Und wie wir der Tabelle entnehmen, hatten wir sinnvollerweise auch HH[0] = HH[1] = H[1/2] = [1/2] gesetzt.

Diese Herleitung ist gleichzeitg ein schönes Beispiel dafür, wie man mit den Automaten-Symbolen rechnen kann! Vielleicht etwas ungewöhnlich, aber verständlich.

Wir müssen also offenbar unser schönes ZBIT-Modell verwerfen, da es mit der Beobachtung an der ZBIT-Box im Widerspruch steht. Ein ganz normales wissenschaftliches Vorgehen.

Können wir ein verbessertes ZBIT-Modell entwerfen, das diesen Widerspruch auflöst? Das besprechen wir im nächsten Blog. Denn auch wenn wir den "Zufalls BIT Intelligenz Test" noch nicht bestanden haben, brauchen wir erst mal eine Pause. Danach geht es dann einen großen Schritt weiter in Richtung Qubit.