Können wir ein verbessertes ZBIT-Modell entwerfen, dass den Widerspruch bei der doppelten H Operation auflöst? Wir erinnern uns:
Wir haben beim Experimentieren mit der ZBIT-Box gesehen, dass sich zweimal H hintereinander aufheben. Mit dem bisherigen ZBIT-Modell ließ sich dieses Ergebnis nicht herbeiführen. Denn H auf [0] angewendet ergibt [1/2], aber auch H auf [1] angewendet ergibt [1/2]. Damit kann nicht gleichzeitig HH[0] = H[1/2] = [0] und HH[1] = H[1/2] = [1] sein.
Ein verbessertes ZBIT-Modell
Wie können wir ein verbessertes Modell für die ZBIT-Box entwerfen? Der Widerspruch entstand, als wir H auf den einen neu eingeführten Zustand [1/2] anwendeten und erwarteten, dass daraus zwei verschiedene Ergebnisse hervorgehen. Das war zwar naheliegend (Occam’s Razor Prinzip, mal bei Wikipedia nachschlagen), aber vielleicht hätten wir besser zwei neue Zustände eingeführt.
Das kann man einfach erreichen, indem man zu der ursprünglichen Zustandsvariablen mit zwei möglichen Werten eine weitere mit ebenfalls zwei Werten hinzufügt. D.h. der innere Zustand hat zwei Größen, sagen wir s1 und s2, die die Werte [0] und [1] haben können. Die Zahlen haben wieder keine Bedeutung; wir könnten die Zustände auch a und b nennen oder a1, b1 und a2, b2 nennen. Damit gibt es für (s1, s2) genau vier mögliche Kombinationen!
Die Wahl von [0] und [1] erweist sich aber als ganz praktisch. So können wir uns z.B. einfach vorstellen, dass die inneren Zustände des neuen ZBIT-Modells die vier Ecken des Einheitsquadrats in der Ebene darstellen – weswegen wir auch sagen, dass der Zustand 2-dimensional ist.
Das neue ZBIT-Modell legen wir ähnlich wie oben fest:
- Wir nehmen für das neue Modell zwei Zustandsvariablen (oder: einen zwei-dimensionalen Zustand) und kennzeichen diese [0][0], [0][1], [1][0] und [1][1]. Um uns die Klammerei zu erleichtern, „labeln“ wir die Zustände stattdessen einfach mit [00], [01], [10] und [11].
- Wir setzen [00] als den Startzustand
- Die Outputs werden als D, L und P abgekürzt, für Dunkel und Licht und den variablen Zufalls-Output.
- Die Operationen sind wieder mit R, X und H bezeichnet und repräsentieren Klappe zu und das Berühren von Touch-Feld X bzw. H.
- Das Messen (M) des 2-dimensionalen ZBIT-Zustands (Klappe auf und schauen), d.h. die Zuordnung Output zu Zustand, kann nun vier Ergebnisse haben. Wir legen fest:
M: [00] -> D, [01] -> P, [10] -> P und [11] -> L
Auch die Wirkung der Operatoren R, X und H müssen wir neu festlegen. Das geschieht am übersichtlichsten in eine vollständigen Tabelle, analog der vom ersten Versuch.
Zustand | Neuer Zustand bei | R X H [00] | [00] [11] [01] [01] | [00] [10] [00] [10] | [00] [01] [11] [11] | [00] [00] [10]
Als technische Konstruktion des Modell können wir uns vorstellen, dass im Inneren zwei (!) Schalter sitzen, die durch die Touch-Felder bzw. „Klappe zu“ betätigt werden. Wie, sagt die Tabelle. Und die Schalterstellung bestimmt, ob Dunkel, oder Licht oder zufällig zur Hälfte Licht und Dunkel zu sehen ist beim Öffnen der Klappe. Z.B. besagt die M-Tabelle, dass, wenn die Schalter „verschieden“ gesetzt sind, der Zufallsoutput erfolgen muss. Wie man das baut – mal ausprobieren. Z.B. mit Roberta (IAIS).
An dieser Stelle ist noch einmal wichtigt zu bedenken, dass auch die technische Konstruktion ein Modell für die Blaue Box ist. Im Gegensatz zur Box haben wir aber vollständige Einsicht in unsere Modell-Box.
Wir müssen nun erneut prüfen, ob das Modell widerspruchsfrei ist, d.h. im Experiment das Verhalten der blauen ZBIT-Box zeigt. Für die Operationen R, X, H müssen wir in die Tabelle schauen, für M in die Output-Liste. Wir beschränken uns hier auf die Beispiele vom ersten Modell und die „Problemfälle“ dort.
R —— X —— H —- M -> 1:1 liefert die ZBIT-Box im Serienexperiment
[00] -> [11] -> [10] -> P liefert das neue Modell. Das passt wieder.
„1:1“ bedeutet Dunkel / Licht im Verhältnis 1:1.
R —— H —— X —- M -> 1:1 ZBIT-Box Messreihe
[00] -> [01] -> [10] -> P ZBIT-Modell Output
Noch ein paar einfache Fälle, die wir schon aus dem BIT-Modell kennen:
R —– M -> Dunkel R —– X —–M -> Licht
[00] -> D [00] -> [11] -> L
R —— X —— X —- M -> Dunkel
[00] -> [11] -> [00] -> D
Passt also. Nun die Doppel-H Experimente:
R —— H —– H —–M -> Dunkel als ZBIT-Box Output
[00] -> [01] -> [00] -> D Modell Output. Passt!
Für HH[11] müssen wir zunächst den Ausgangszustand [00] mit Hilfe von X zu [11] machen und dan HH anwenden.
R —— X —— H —– H —–M -> Licht in der Box
[00] -> [11] -> [10] -> [11] -> L „Licht“ im Modell
Durch Hinzunahme einer zweiten Zustandsgröße konnten wir also den Widerspruch des ersten Versuchs auflösen. Das ist auch leicht zu verstehen: der Zustand nach dem ersten Anwenden von H würde bei Messung zwar immer P ergeben, er trägt aber noch die Information, „woher“ er kommt, von [00] oder [11]. nämlich in der Reihenfolge von 0 und 1 im Zustand. (Genial! findet der G.E.)
ZBIT Vorhersagen
Natürlich können wir auch jetzt noch nicht ausschließen, dass das Modell nicht widerspruchsfrei ist. Dazu müssten wir alle möglichen Abfolgen von Operationen (Algorithmen) gegen die ZBIT-Box evaluieren – oder zumindest eine endliche Menge davon, auf die „alle möglichen“ reduziert werden können.
Was wir weiterhin machen können, sind Vorhersagen. D.h. wir können eine noch nicht gesehene Abfolge von Operationen im Modell berechnen und das Ergebnis experimentell an der ZBIT-Box überprüfen. Ein Beispiel, das wir bei der Erforschung der Box oben noch nicht als Experiment durchgeführt hatten
R ------ H ----- X ----- H ---- H ----- M ergibt [00] -> [01] -> [10] -> [11] -> [10] -> P
Das zugehörige Experiment: Klappe zu -> Touch H -> Touch X -> Touch H -> Touch H -> Klappe auf: Dunkel. Wir wissen, dass wir das gleiche Experiment vorsichtshalber in Serie durchführen müssen, um zwischen P und Licht oder Dunkel unterscheiden zu können. Wir tun das 20 Mal und sehen 11 Mal Dunkel und 9 Mal Licht, experimentell also eindeutig P bestätigt.
Fragen: Wie oft müssten wir das Experiment mindestens wiederholen, bis wir das Ergebnis P bestätigen können? Wie oft, um ein vorausgesagtes Ergebnis L zu bestätigen? Hier haben wir offenbar ein Problem. Wir können, da wir das „Innere“ der Box nicht kennen können, nie sicher sein, ob nicht bei der nächsten Wiederholung ein D folgt. Wie immer müssen wir uns damit zufrieden geben, L als bestätigt zu sehen, wenn wir bei einer großen Anzahl von Wiederholungen immer L gesehen haben. Anders ausgedrückt, wir „bestätigen“ das Ergebnis mit (einfachen) statistischen Methoden – aber das ist eine ganz andere Baustelle.
Aufgaben:
- Die 2-dim Zustandsdefinition erinnert an die üblichen vier 2-Bit Kombinationen. Könnte man die ZBIT-Box möglicherweise mittels zweier BIT-Modelle modellieren?
- Was wäre, wenn man beim Berühren von H nicht Licht und Dunkel im Verhältnis 1:1 beobachtet sondern z.B. 1:3 (Häufigkeit von D etwa 1/4)?
- Das dauernde Wiederholen eines Experiments, von dem man als Output P erwartet ist eigentlich lästig. Könnten wir uns eine technische Konstruktion ausdenken, die den Output P durch ein halb so helles Licht anzeigt?
Wer Lust hat, kann gerne die Fragen und die Aufgaben im Kommentarfeld unten diskutieren.
Vom ZBIT-Modell ist es nun nur noch ein kleiner Schritt zum Qubit-Modell. Aber erst mal wieder: Pause – also einen Kaffee trinken oder etwas spielen.
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