Die Corona-Krise ist seit Wochen das beherrschende Thema in den Medien. Dabei kommt neben den medizinischen, biologischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, rechtlichen und ethischen Fragen, die das Virus aufwirft, auch die Mathematik ins Spiel. Es sind mehrere Themenkomplexe, bei denen die Mathematik gefragt ist und adressiert wird: bei der Statistik der Datenerfassung und –auswertung , bei der Modellierung der Ausbreitung und der Ausbreitungsgeschwindigkeit  der Infektionen,  aber auch bei der Modellierung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Shutdowns. Daneben können z.B.  Methoden des Maschinellen Lernens bei der Suche nach einem Impfstoff oder nach Medikamenten genutzt werden.

Schon seit einigen Wochen werden in den offiziellen Verlautbarungen der Politik und der virologischen Experten im Wesentlichen zwei grundsätzliche Ziele und Strategien zur Überwindung der Krise genannt:

  1. Die Abflachung der Kurve der Corona-Infizierten insbesondere durch Isolierungsmaßnahmen. Damit soll erreicht werden, dass die Zahl der gleichzeitigen schweren Krankheitsverläufe jeweils (möglichst deutlich) unter der Gesamtkapazität der Intensivstationen der deutschen Krankenhäuser bleibt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass es zu keiner Zeit zu Behandlungsengpässen in Krankenhäusern kommt und jeder Patient adäquat versorgt werden kann.
  1. Die „Durchseuchung“ der Gesamtbevölkerung zu etwa 70% mit der Corona-Infektion. Dabei gehen die Virologen davon aus, dass eine ca. „70%-Durchseuchung“ zu einer weitgehenden Immunität in der Bevölkerung („Herdenimmunität“) führen würde.In den ersten offiziellen Stellungnahmen, kurz nach Ausbruch der Krise, ist dieses Ziel  noch als durchaus erstrebenswert vertreten worden, u.a. von der Kanzlerin.

Offensichtlich – schon aus elementarmathematischen Gründen – vertragen sich diese beiden Ziele nicht gut mit einander: Während das Ziel 1 auf eine Minimierung der gleichzeitigen Infektionenund damit auf eine zeitliche Streckung  herausläuft, würde man das Ziel 2 „im Prinzip“  möglichst bald erreichen wollen, um damit die Krise zu überwinden. Praktisch kann man das Ziel 2 natürlich nicht auf Kosten der unkontrollierten Zunahme schwerer Krankheitsverläufe verfolgen.

Wenn man andererseits versuchen würde, beide Ziele miteinander zu kombinieren, müsste man eine sehr lange Zeit mit der Krise und entsprechenden Maßnahmen leben. Insofern bleibt nur die Hoffnung auf ein Medikament und auf einen Impfstoff.