Ulrich Trottenberg und Bernhard Thomas

Das Schulministerium NRW fördert seit dem 1.7.2021 das Projekt

KI-Algorithmen im Informatik-Unterricht – mit praktischem Einsatz auf der Open Roberta Plattform
und in der Robotik.

Projektpartner sind:
– die Universität zu Köln, mit dem Institut für Mathematikdidaktik und dem Department
Mathematik/Informatik,
– das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS sowie
– die InterScience-Akademie für Algorithmik GmbH.

Ein übergeordnetes Ziel des Projekts ist die Schaffung grundlegenden Verständnisses für algorithmische Prinzipien im Rahmen der Digitalen Bildung in NRW. Die Schülerinnen und Schüler sollen die fundamentale Bedeutung der Algorithmik für alle digitalen Prozesse erkennen: Algorithmen liegen allen Computerprogrammen zugrunde, steuern Netze und die beteiligten Agenten und sie verarbeiten und analysieren Daten aus den unterschiedlichsten Quellen.

Das Projekt geht auf die von Ulrich Trottenberg initiierte Aktion „Algorithmen im Schulunterricht“ der InterScience-Akademie für Algorithmik GmbH (bis 2019 InterScience GmbH) und das gleichnamige Seminar für Lehramtsstudierende zurück. Dieses Seminar, das seit mehr als 10 Jahren an der Universität zu Köln stattfindet, wird auch im Projekt eine wesentliche Rolle spielen.

Das Projekt entwickelt die Grundlagen für eine didaktisch aufbereitete Vermittlung von Fähigkeiten zur aktiven Gestaltung und Anwendung moderner Algorithmen für das aktuelle
Schwerpunktthema der Künstlichen Intelligenz. Es umfasst die dazu erforderlichen Informatik-Konzepte, Verfahrens- und Anwendungskenntnisse und, soweit möglich, einfache Plug&Play Programmiererfahrung. Dabei beschränkt sich der Unterricht nicht auf diese technisch-inhaltlichen KI-Aspekte – ein essentielles Unterrichtsziel ist immer auch der Erwerb von Bewertungskompetenz für die einschlägigen Algorithmen und deren Anwendungen, d.h. der Fähigkeit zu einer adäquaten Einschätzung ihrer Chancen und Risiken, sowie für die ethischen Aspekte KI-algorithmischer Entwicklungen.

Ausgangspunkt der Projektentwicklung sind die informatischen Lehrinhalte für die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 und 6 im Rahmen des mit Schuljahr 2021/22 in NRW eingeführten Pflichtfachs Informatik. Die hierbei vorgesehenen, elementaren KI-Methoden werden so ausgewählt und spezifiziert, dass sie im Schuleinsatz dem (mathematischen und informatischen) Wissensstand der Schülerinnen und Schüler nach Jahrgangsstufe und Schulform entsprechen.

Eine Besonderheit der Projekt-Zielsetzung ist der altersgemäße, spielerische Einstieg in die KI-algorithmische Praxis durch die intuitive Umsetzung von verschiedenen, einfachen Methoden des Maschinellen Lernens.

In diesem Kontext hat die InterScience-Akademie für Algorithmik – zunächst ohne finanzielle Unterstützung durch das Schulministerium – die ursprüngliche Idee des Projekts weiterentwickelt: Wir haben ca. 25 „KI-Stories“ konzipiert, anschauliche, lebensnahe KI-Anwendungen, die sich direkt im Schulunterricht einsetzen lassen. Wir haben uns über diese Konzeption mit Lehrenden und Fachleiter:innen ausgetauscht, sie dem zuständigen Informatik-Dezernenten der Bezirksregierungen Düsseldorf und Köln und seinen Fachleuten vorgestellt – und wir sind mit einer Schule, dem Konrad-Adenauer-Gymnasium in Bonn (KAG), in eine intensive Kooperation eingestiegen.

Diese Kooperation betrifft ein einfaches Beispiel einer KI-Story („Obstkasse“). Dabei handelt es sich um eine Scanner-Kasse in einem Supermarkt, die in einer kurzen Trainingsphase lernt, selbständig Birnen und Bananen zu unterscheiden. Das ist eine echte KI-Anwendung, die mit Papier und Bleistift (also gewissermaßen analog) auch von Schüler:innen der Klassen 5 und 6 ohne Programmierkenntnisse bearbeitet und nachvollzogen werden kann. Hochmotivierte, engagierte Lehrende des  KAG haben unsere Konzeption in eine Unterrichtsreihe von 12 Unterrichtseinheiten umgesetzt und in einer Klasse der Jahrgangsstufe 6 systematisch erprobt. Dabei hatten die Schüler:innen die Möglichkeit, in einer anschließenden digitalen Phase die Methoden und ihre Ergebnisse am Computer auszuprobieren, mit einfachen umgangssprachlichen Befehlen, also die Methoden quasi selbst zu „programmieren“ (KI-Toolkit).

Mit diesem Beispiel der KI-Story Obstkasse konnten sich die Schüler:innen ein erstes, grundsätzliches Verständnis für das Maschinelle Lernen erarbeiten, dem heute spektakulärsten Feld der KI. Viele andere KI-Stories bieten sich für die Weiterarbeit und eine Vertiefung unmittelbar an. Man könnte nach diesen Erfahrungen kurzfristig ein flächendeckendes Schulprogramm machen, mit einer parallel verlaufenden Fortbildungsmaßnahme für die Lehrenden bzgl. der Algorithmik und der Programmierung.

Zu den formalen Aspekten der Projektbewilligung:
Der bereits in 2020 dem Ministerium vorgelegte Projektantrag wurde in der (endgültigen) Fassung schließlich im Juli 2021 mit einer Laufzeit vom 1.7.2021 bis 31.12.2022 bewilligt.

Relativ zu den weitgehenden, höchst innovativen Zielen des Projekts hält sich der finanzielle Rahmen der Förderung mit ca. 300T€/Jahr sehr in Grenzen.

Dass der Projektstart erst zum 1.7.2021 erfolgt ist, hängt mit unklaren, rein ministerial-bürokratischen Prozeduren zusammen. Obwohl die Projektinitiative und die Ausarbeitung
Projektantrags durch eine persönliche Anfrage des zuständigen Staatssekretärs bei der InterScience-Akademie für Algorithmik GmbH bereits Ende 2019 angeregt worden war, stellte sich erst in der Schlussphase der Diskussionen mit den zuständigen Referaten heraus, dass das Schulministerium aus haftungs- und vergaberechlichen Gründen endgültig keine Möglichkeit sieht, die – vom Ministerium ausdrücklich erwünschten – Arbeiten der InterScience-Akademie für Algorithmik GmbH (ISAfA) finanziell zu unterstützen. Dabei hatte die ISAfA GmbH von Beginn der Diskussionen an verbindlich erklärt, im Rahmen des Projekts vollständig gemeinnützig zu agieren und mit dem Projekt keinerlei Gewinnerzielungsabsicht zu verbinden. Erst nachdem die Initiatoren des Projekts, die Geschäftsführer der ISAfA, erklärt hatten, für ihre Beiträge zum Projekt  auf eine finanzielle
Förderung vollständig zu verzichten, konnte das Projekt kurzfristig bewilligt werden.

Aus Sicht der Initiatoren des Projekts liegt hier ein struktureller ministerial-bürokratischer Mangel vor, der kurzfristig ausgeräumt werden muss, um in der Digitalen Bildung nicht noch weiter zurückzufallen.